6 Beschaffungsarten im Vergleich

Isabelle Beyer

Veröffentlicht am 5. Mai 2025

Stellen Sie sich vor: Der Drucker streikt, das Papierlager ist leer – und der dringend benötigte Nachschub lässt auf sich warten. In solchen Momenten wird klar, wie wichtig eine funktionierende Beschaffung ist. Wer in einem Unternehmen für den Einkauf von Waren und Dienstleistungen zuständig ist, trägt nicht nur viel Verantwortung, sondern steht auch täglich vor der Herausforderung, die richtige Beschaffungsart zu wählen.

In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf die verschiedenen Beschaffungsarten und -prinzipien. Außerdem geben wir praktische Tipps, wie Sie die Zusammenarbeit mit Lieferanten verbessern können – für eine stabile, zukunftsfähige Lieferkette.

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Warum die Wahl der Beschaffungsart so entscheidend ist

Stellen Sie sich vor, Ihr Unternehmen steht vor der Wahl: Billiger, aber unzuverlässiger Lieferant – oder etwas teurer, dafür aber planbar und nachhaltig. Welche Entscheidung würden Sie treffen? Genau diese Wahl hat großen Einfluss darauf, wie gut Ihr Unternehmen später aufgestellt ist.

Die richtige Beschaffungsart entscheidet nämlich nicht nur über die Kosten, sondern auch über die Qualität der Lieferanten und wie reibungslos Ihre internen Abläufe funktionieren. Wird hier falsch geplant, drohen Verzögerungen, Ärger – und vor allem unnötige Ausgaben. Mit der passenden Strategie hingegen können Sie echte Einsparungen erzielen und eine robuste Lieferkette aufbauen.

Für mittelständische Unternehmen, die oft hunderte oder gar tausende Lieferanten managen müssen, ist diese Entscheidung noch wichtiger. Gerade in Zeiten, in denen Unsicherheiten steigen und Nachhaltigkeit mehr denn je im Fokus steht, müssen Beschaffungsentscheidungen auch Resilienz und Umweltbewusstsein mitdenken.

6 Beschaffungsarten: So finden Sie zuverlässige Lieferanten

Die Wahl der richtigen Sourcing-Strategie fühlt sich manchmal an wie die Suche nach dem passenden Schlüssel für ein komplexes Schloss – es bestimmt, wie reibungslos die ganze Lieferkette läuft. Mit der falschen Methode können Verzögerungen und Probleme entstehen, mit der richtigen dagegen öffnen sich Türen zu zuverlässigen Partnern und effizienteren Abläufen.

Im Folgenden stellen wir Ihnen sechs bewährte Wege vor, mit denen Unternehmen weltweit Lieferanten auswählen und ihre Beschaffung clever gestalten. Von bewährten Klassikern bis hin zu modernen Ansätzen – so finden Sie die Strategie, die genau zu Ihrem Unternehmen passt.

1) Offenes Ausschreibungsverfahren (ITT)

Die offene Ausschreibung ist ein wettbewerbsfähiges Ausschreibungsverfahren, das ein Unternehmen verwendet, um Lieferanten die Möglichkeit zu geben, für seine Verträge zu bieten.

Und so geht's: Ein Unternehmen veröffentlicht eine Aufforderung zur Angebotsabgabe, oder auch “Invitation to Tender” ( (ITT). Interessierte Anbieter können dann darauf antworten, wie sie den Vertrag erfüllen möchten, und das Unternehmen davon überzeugen, dass sie am besten für den Job geeignet sind.

Diese Methode bietet den größten Wettbewerb unter den Lieferanten und ermutigt neue oder aufstrebende Lieferanten, sich um mehr Aufträge zu bewerben. Es ist jedoch zu beachten, dass nicht alle Bieter für den Auftrag geeignet sind, insbesondere bei komplexen Beschaffungen, und dass es Zeit erfordert, alle Angebote zu bewerten, um den erforderlichen Standard zu erreichen.

VorteileNachteile
Maximierung des WettbewerbsLange Bearbeitungszeit
Transparentes Verfahren, das neue Anbieter einbeziehtHoher Verwaltungsaufwand
Eher geeignet für Standardprodukte oder -dienstleistungen

2) Ausschreibung durch ein Angebotsverfahren (RFP) 

Ein Request for Proposal (RFP) ist eine offene Anfrage eines Unternehmens, um ein Projekt anzukündigen und qualifizierte Lieferanten zur Abgabe eines Angebots aufzufordern. Diese Methode ist für das Beschaffungswesen sehr nützlich, da Lieferanten und Dienstleister ihre Waren und Dienstleistungen einem Beschaffungsteam anbieten können.

Viele Organisationen bevorzugen diese Methode, und Regierungen wenden sie regelmäßig an. Sie umfasst die Erstellung eines Lastenhefts, in dem die Anforderungen des Unternehmens und der Zeitplan für die Erfüllung dieser Anforderungen beschrieben werden. Sie informiert die Bieter auch darüber, wie sie ihre Angebote vorbereiten sollen und in welchem Format die Angebote eingereicht werden sollen.

In der Regel reichen die Bieter ihre Angebote in zwei getrennten Umschlägen ein: einen für die technischen Vorschläge und einen für die finanziellen Vorschläge. Der finanzielle Vorschlag wird versiegelt und erst geöffnet, wenn der technische Vorschlag angenommen oder abgelehnt wurde. Die Ausschreibung eröffnet den Wettbewerb und hilft den Unternehmen, den am besten geeigneten Lieferanten zum besten Preis zu finden.

Vorteile Nachteile
Detaillierte Auswahlkriterien ermöglichen eine fundierte EntscheidungZeitaufwendig
Gute Möglichkeit, innovative Lösungen zu findenKann für kleinere oder einfachere Beschaffungen überdimensioniert sein

3) Zweistufiges Ausschreibungsverfahren 

Das zweistufige Ausschreibungsverfahren ist ein Beschaffungsverfahren, bei der der Käufer die Ausschreibung in zwei Stufen einlädt:

In der ersten Phase reichen die Bieter in der Regel ihre Vorschläge mit den besten Lösungen für die Ausschreibung ein, woraufhin jedes Angebot sorgfältig bewertet und eingestuft wird. Der Bieter mit dem bestbewerteten Angebot wird zur zweiten Phase eingeladen, in der er nach Gesprächen zur Einigung über die vorgeschlagene Lösung ein finanzielles Angebot vorlegt und schließlich die Vertragsverhandlungen führt.

VorteileNachteile
Minimierung des Risikos, da der Anbieter in der ersten Phase seine Lösung darstelltKomplexität und längere Dauer
Höhere Genauigkeit und Qualität der AngeboteHöherer administrativer Aufwand

4) Aufforderung zur Angebotsabgabe (RFQ) 

Die Aufforderung zur Abgabe von Angeboten, auch bekannt als “Request for Quotations" (RFQ), vereinfacht die Beschaffung von geringwertigen, sofort verfügbaren Waren und Dienstleistungen "von der Stange". Diese Methode ist schnell und erfordert im Gegensatz zu den oben genannten drei Beschaffungsmethoden wenig bürokratischen Aufwand.

Es handelt sich um eine nicht wettbewerbsfähige Beschaffungsmethode, da das beschaffende Unternehmen den Auftragnehmer, Lieferanten oder Dienstleister auswählt, von dem Angebote angefordert werden sollen. Mindestens drei Anbieter werden eingeladen, Angebote einzureichen, und das beste Angebot wird auf Grundlage der Erfüllung der Anforderungen ausgewählt.

VorteileNachteile
Schnelligkeit und geringerer AufwandWeniger Wettbewerb
Gut geeignet für StandardprodukteKeine tiefgehenden Verhandlungen oder innovativen Lösungen

5) Selektives Ausschreibungsverfahren 

Bei der selektiven Ausschreibung können Lieferanten nur auf Einladung Angebote abgeben. Diese Methode wird auch als beschränkte Ausschreibung bezeichnet, da sie die Aufforderung zur Angebotsabgabe auf eine begrenzte Anzahl von Lieferanten oder Dienstleistern beschränkt.

Hier ist der Wettbewerb auf eine bestimmte Anzahl von Anbietern beschränkt, die aufgrund ihrer Erfolgsbilanz für einen bestimmten Vertrag geprüft wurden. Unternehmen können sicherstellen, dass ihre Anforderungen effektiver erfüllt werden und die Qualität der Arbeit erhöht wird.

VorteileNachteile
Höhere Qualität durch Auswahl erfahrener AnbieterWeniger Wettbewerb, was zu höheren Preisen führen kann
Geringeres Risiko bei der LieferantenauswahlEingeschränkte Auswahlmöglichkeiten

6) Einzelquellenbeschaffung

Die Einzelquellenbeschaffung (auch Single Sourcing) ist eine nicht wettbewerbsorientierte Sourcing-Strategie, bei der die Beschaffung von Waren und Dienstleistungen von einem einzigen Anbieter erfolgt. Das Management führt einen strengen Genehmigungsprozess durch, bevor diese Methode angewendet wird.

Im Gegensatz zu anderen Beschaffungsverfahren, die mehrere Anbieter einbeziehen (Multiple Sourcing), wird das Single Sourcing nur in Ausnahmefällen genutzt, z. B.:

  • bei Notfällen,

  • wenn nur ein Anbieter qualifiziert ist, die Anforderungen zu erfüllen,

  • wenn ein anderer Anbieter aufgrund von Patentrechten die Fortsetzung früherer Arbeiten nicht durchführen kann,

  • wenn die Beschaffung von verwandten Artikeln nur von einer spezifischen Quelle möglich ist,

  • oder wenn klare Vorteile gegenüber anderen Wettbewerbsverfahren bestehen.

VorteileNachteile
Geringerer VerwaltungsaufwandRisiko bei Ausfällen des Anbieters
Langfristige Partnerschaften und stabile PreiseWeniger Flexibilität

Single vs. Dual Sourcing

Neben Single Sourcing gibt es die Möglichkeit des Dual Sourcing, bei dem Unternehmen zwei verschiedene Lieferanten für die gleiche Ware oder Dienstleistung einsetzen.

  • Dual Sourcing ist eine flexiblere Sourcing-Strategie, da es das Risiko von Lieferengpässen deutlich reduziert, den Wettbewerb zwischen Anbietern fördert und die Kapazitäten erhöht, um auf Nachfrageschwankungen zu reagieren.

  • Global Sourcing wiederum nutzt weltweit verfügbare Lieferanten, um die besten Preise und Qualitäten zu erzielen.

Die Wahl des passenden Beschaffungsverfahrens spielt eine wichtige Rolle, die Sicherheit der Lieferkette zu gewährleisten, Kosten zu optimieren und Risiken im Beschaffungsprozess zu minimieren. Unternehmen sollten daher die Vor- und Nachteile beider Ansätze sorgfältig abwägen, wenn Sie Im Begriff sind eine Beschaffungsstrategie zu entwickeln.

Lieferantenauswahl & Kriterien

Die Auswahl der Lieferanten ist eine bedeutende Entscheidung. Natürlich spielt der Preis immer eine Rolle. Aber neben dem Preis zählen auch andere strategische Aspekte.

Wie wirkt sich der Anbieter auf Ihre Kundenakquisitionskosten (CAC) aus? Wie flexibel ist das Ingenieursteam? Sind Standort und Logistik wirtschaftlich?

Gerade wenn es um größere, physische Produkte geht, spielt die Entfernung eine große Rolle. Denn je weiter der Lieferant entfernt ist, desto höher sind nicht nur die Transportkosten, sondern auch das Risiko von Verzögerungen. Deshalb setzen viele Unternehmen auf Local Sourcing – lokale Anbieter, die schneller und zuverlässiger liefern.

Ein weiterer wichtiger Faktor ist das Ingenieurteam hinter dem Produkt. Ein engagiertes Team arbeitet kontinuierlich daran, Produkte zu verbessern und auf dem neuesten Stand zu halten – ein echter Pluspunkt für eine langfristige Partnerschaft.

Auch Kundenempfehlungen, die Reputation in der Branche und Zusatzleistungen sollten Sie in Ihre Bewertung mit einfließen lassen. Nur so finden Sie Lieferanten, die nicht nur heute, sondern auch morgen Ihre Anforderungen erfüllen.

Lieferant und Kunde im Geschäft, die Waren besprechen

Sie wollen mehr zur Auswahl und Bewertung geeigneter Lieferanten erfahren? Lesen Sie unseren Artikel: "Lieferantenbewertung – erfolgreiche Partnerschaften sichern".

Beschaffung 4.0: So digitalisieren Sie Ihre Prozesse

Moderne Tools wie ERP-Systeme, spezialisierte Sourcing-Plattformen oder clevere Ausgabenmanagement-Lösungen wie Spendesk bringen alle Prozesse an einen zentralen Ort und ermöglichen eine Überwachung in Echtzeit. So haben Sie jederzeit den vollen Überblick – und können schnell auf Risiken wie Lieferverzögerungen oder Budgetüberschreitungen reagieren.

Supplier Dashboard von Spendesk

Wer heute auf digitale Beschaffungslösungen setzt, verschafft sich nicht nur einen klaren Wettbewerbsvorteil, sondern gewinnt vor allem mehr Kontrolle und Transparenz über die gesamte Lieferkette.

Neugierig, wie der Beschaffungsprozess im Detail funktioniert – von der ersten Bedarfsermittlung bis zur finalen Auftragsvergabe? Dann empfehlen wir unseren vertiefenden Beitrag: Der Beschaffungsprozess erklärt: Schritte & Optimierung.

Fazit: Die richtige Beschaffungsart für Ihr Unternehmen

Ob offene Ausschreibung, Angebotsverfahren oder eine der anderen Methoden – die richtige Beschaffungsart ist immer eine Frage Ihrer individuellen Bedürfnisse und Rahmenbedingungen. Was für das eine Unternehmen perfekt funktioniert, kann für ein anderes weniger geeignet sein.

Am Ende geht es darum, eine Methode zu wählen, die Ihre Lieferkette stärkt, Kosten optimiert und Ihnen langfristig Sicherheit bietet.

Und falls Sie dabei Unterstützung suchen: Unsere Expert:innen bei Spendesk stehen Ihnen mit Rat und Tat zur Seite. Vereinbaren Sie ganz unkompliziert eine kostenlose Demo – und entdecken Sie, wie Sie Ihre Beschaffung noch smarter gestalten können.

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