Tools und Tipps: So klappt’s mit dem Home Office

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Helena Kleine

Veröffentlich am 25. März 2020

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8min

Selbst, wenn die Vorteile der Arbeit im Homeoffice längst wissenschaftlich belegt sind, bleiben viele Arbeitgeber in Deutschland skeptisch. Das Bild des Arbeitens von daheim lässt sich einfach schwer mit unserer deutschen Präsenzkultur vereinen.

Vielleicht ist Deutschland deshalb etwas hinterher im internationalen Vergleich. Nur 26% der Angestellten können auch remote arbeiten. In den USA sind es rund 40%.

Wie diese Zahlen sich nach der durch Covid-19 bedingten Schließung vieler Büros verändern werden, bleibt abzuwarten. Aber schon jetzt ist eines ganz deutlich geworden: Unternehmen, die mit den richtigen Tools und Prozessen auf ortsunabhängige Arbeit vorbereitet waren, können die Maßnahmen der sozialen Distanzierung viel eher verkraften.

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Die Vor- und Nachteile von Homeoffice

Zwar gibt es Unternehmen wie Zapier, die gar keine Büros mehr haben, doch für die meisten Unternehmen ist Homeoffice optional. Dabei gibt es zwei Szenarios für Remote Work:

  1. Echt Remote Worker sind solche, die gar keinen Arbeitsplatz im Büro haben. Zum Beispiel, weil sie weit weg wohnen oder einfach das dauerhafte Homeoffice bevorzugen.

  2. Den größten Anteil an der Belegschaft haben in der Regel Mitarbeiter, die gelegentlich von zu Hause aus arbeiten. Zum Beispiel, wenn sie viele Telefonate geplant haben und es in den eigenen vier Wänden ruhiger ist.

Trotz aller Skepsis gegenüber der physischen Abwesenheit von Mitarbeitern bietet Remote Work für Unternehmen viele Chancen. Dazu gehören:

  • Kosteneinsparungen für Büromiete (etwa $11.000 pro 50% Remote Worker pro Jahr)

  • Bessere Chancen bei neuen Bewerbern, vor allem bei der jüngeren Generation (99% der Angestellten wünschen sich die Möglichkeit, von zu Hause zu arbeiten)

  • Höhere Produktivität, u.a. durch den Wegfall des Arbeitsweges und Ablenkungen im Büroumfeld (Remote Worker machen weniger Pausen und sind seltener krank).

  • Zufriedenere Mitarbeiter (über 80% der Arbeitnehmer glauben, dass Homeoffice sie glücklicher machen würde)

  • Flexibilität, um auf externe Einschränkungen z.B. durch Covid-19 oder Naturkatastrophen zu reagieren.

Die Nachteile von Remote Work für Unternehmen belaufen sich hauptsächlich auf zwei Faktoren:

  1. Kommunikation – natürlich ist die Absprache mit Kollegen schwieriger, wenn man sich nicht täglich gegenübersitzt.

  2. Kontrolle – viele Manager haben das Gefühl, ihre Teams persönlich besser im Auge behalten zu können. Wer weiß denn, ob der Angestellte zu Hause auch wirklich etwas tut?

Glücklicherweise leben wir aber im Jahr 2020, in dem es für (fast) jedes Business-Problem die passende technologische Lösung gibt. Wir werfen in diesem Artikel einen Blick auf Tools und Prozesse, die Homeoffice zum Erfolgsmodell machen.

Vertrauen und Kommunikation in Remote Teams

Fehlt das Vertrauen in der Unternehmenskultur, lässt Remote Work sich nur ganz schwer umsetzen. Leider fühlen viele Manager sich sicherer, wenn sie persönlich ein Auge auf ihr Team werfen können. Doch wer weiß schon wirklich, was die Mitarbeiter den ganzen Tag so treiben am Laptop – selbst wenn sie im Büro sitzen.

Und noch entscheidender: Was sagt Arbeitszeit eigentlich über Produktivität aus? Für Remote Work ist Umdenken gefragt. Wer sich an Präsenzzeiten festklammert und seine Mitarbeiter im Blick haben muss, um sie leiten zu können, kann sich auf harte Zeiten einstellen.

Remote Worker verbringen in der Regel weniger Zeit mit persönlichen Aufgaben, als ihre Vorgesetzten denken würden. Das zeigt die folgende Studie.

Die Zeit, die Remote Worker nach eigenen Angaben für persönliche Aufgaben aufwenden, im Vergleich zu der Zeiteinschätzung ihrer Chefs:

Quelle: tscheets.com

Außerdem gibt es Möglichkeiten, sich einen recht genauen Überblick über die Produktivität von Mitarbeitern zu verschaffen, auch wenn diese nicht vor Ort sind. Der Schlüssel sind gut definierte KPIs (Key Performance Indicators) und entsprechende Tracking-Tools. Sie sorgen für Klarheit auf seiten der Manager und der Mitarbeiter.

Zum Beispiel kann eine Übersetzerin daran gemessen werden, wie viele Wörter sie pro Tag übersetzt. Für einen Grafikdesigner sind es vielleicht gelöste Ticket-Punkte und für eine Vertrieblerin die Anzahl an Verkaufsgesprächen oder Vertragsabschlüssen.

So verlieren sich weder Manager noch Mitarbeiter in nichtigen Metriken wie der Zeit im Büro.

Grundlagen des KPI-Trackings im Homeoffice

Eines ist ganz wichtig: Tools sind immer nur so gut wie ihre Anwender. Sind Ihre KPIs schlecht definiert, hilft das beste Tool nicht!

Um herauszufinden, welche KPIs wirklich aussagekräftig sind, sind manchmal ein paar Anläufe notwendig. Und die perfekte Metrik gibt es meistens nicht. Wir empfehlen folgendes Vorgehen:

  1. Überlegen Sie sich, warum ein KPI gemessen werden soll. Welches Ziel verfolgen Sie dabei? (z.B. Anzahl der gelösten Tickets im Support = Zeichen für die Verteilung des Arbeitsvolumens auf verschiedenen Mitarbeitern.)

  2. Sind Ihre KPIs wirklich aussagekräftig, messbar und realistisch? (z.B. wollen Sie anstatt der Anzahl der gelösten Tickets lieber die Kundenzufriedenheit messen? Wir würden Sie dabei vorgehen?)

  3. Überarbeiten Sie die KPIs, wenn sich Gegebenheiten ändern.

  4. Implementieren Sie ein System, mit dem KPIs sich messen lassen. Oder nutzen Sie bereits bestehende Systeme für das KPI-Reporting.

Tools zum KPI-Tracking

Wahrscheinlich nutzen Sie bereits Tools, die eine gewisse Reporting-Funktionalität beinhalten. Jetzt gilt es nur noch, die richtigen Metriken zu finden und ein paar smarte Dashboards zu bauen. Typische Tools zum KPI-Tracking sind:

Ticketsysteme

wie Asana, Jira, Monday und Trello. Sie erlauben es, den Status von Projekten und einzelnen Aufgaben einzusehen und zu messen.

Quelle: Atlassian

Typische KPIs umfassen dabei:

  • Prozess-Status-Metriken wie z.B. der Prozentsatz der erledigten Aufgaben, die Flusseffizienz, Fehlerrate, “Sprint-Health”

  • Freigabe-Metriken wie z.B. beseitigte Fehler und Mängel, Erfolgsrate, Freigabezeit

CRM Tools

wie Salesforce, HubSpot, Salesloft und Pipedrive. Vertriebsmitarbeiter sollten hier ohnehin bereits festhalten, welche Interaktionen mit Kunden stattgefunden haben und wie Vertragsverhandlungen sich entwickeln. Diese Metriken lassen sich relativ einfach auslesen:

Quelle: HubSpot

Typische KPIs, die man aus CRM Tools gewinnen kann, sind Vertriebs-Metriken wie Dauer des Verkaufszyklus, Vertragswert, Anzahl der geführten Vertragsgespräche.

Kundensupport Tools

wie Zendesk oder Freshdesk. Hier gehen Kundenanfragen, Beschwerden, etc. ein.

Quelle: Zendesk

Daraus lassen sich Service-Metriken wie Kundenzufriedenheit und die Anzahl an gelösten Kundenanfragen ableiten.

Business Intelligence Software

Anders als bei den bisher vorgestellten Tools laufen in einer BI-Lösung alle möglichen Daten aus verschiedenen Systemen zusammen. So lassen sich enorm umfangreiche Dashboards erstellen, die alle Abteilungen des Unternehmens umfassen. Normalerweise führen Unternehmen erst ab einer gewissen Reife eine BI-Software ein, da die richtige Nutzung einen hohen Arbeitsaufwand mit sich bringt.

Als typische BI-Software gibt es zum Beispiel Microsoft Power BI, Tableau und Looker.

Quelle: Looker

Kommunikation beim ortsunabhängigen Arbeiten

Gerade Remote Worker sind auf besonders einfache, direkte und unkomplizierte Kommunikation angewiesen. Es sollte für sie genauso einfach sein, “mal eben” Informationen auszutauschen und am “Buschfunk” des Büros teilzunehmen.

Und dabei geht es nicht nur um Informationen, die direkt mit der Arbeit zu tun haben. Unternehmenskultur steht und fällt mit den zwischenmenschlichen Beziehungen von Kollegen und dem Umgang miteinander. Und genau der hört nicht außerhalb der Bürowände auf.

Die wichtigsten Tools für die Kommunikation

Nicht ohne Grund ist Slack eines des erfolgreichsten Unternehmen weltweit. Das Tool erlaubt Gruppenchats zu den verschiedensten Themen, sowie direkten Nachrichtenaustausch. Mit den Smilies und Gifs fühlt sich die Kommunikation organisch an. Weniger steif als per E-Mail.

Neben direkten Messaging-Tools sollten Sie wert auf hochwertige und robuste Lösungen für Online-Meetings setzen. Ja, Google Hangouts kostet nichts und funktioniert ganz gut, aber kommt nunmal an seine Grenzen. Für große Meetings lohnt sich eine Funktion zum Stummschalten aller Teilnehmer, ein Chat für Fragen und integrierte Abstimmungs-Funktionen. Tools mit diesen Funktionalitäten sind Zoom, Skype for Business und Bluejeans.

Quelle: Bluejeans

Kommunikationsregeln für Remote Teams

Es lohnt sich, ein paar Regeln für die Arbeit von zu Hause festzulegen. Die erste Regel sollte immer sein: lieber zu viel kommunizieren, als zu wenig! Viele Unternehmen arbeiten außerdem mit wöchentlichen Standup-Meetings und regelmäßigen Status-Updates.

Je organischer die Kommunikation sich in den Arbeitsalltag integriert, desto besser. Hier ein paar kleine Ideen für einen regen Austausch unter Kollegen:

  1. Wöchentliche Mystery-Lunches, bei denen zwei Mitarbeiter virtuell zusammen zu Mittag essen und sich über die Arbeit oder persönliche Interessen austauschen.

  2. Nicht arbeitsbezogene Gruppen-Chats, in denen z.B. Rezepte ausgetauscht und Playlists geteilt werden können.

  3. Arbeitsbezogene Gruppen-Chats und regelmäßige Team-Calls für Status-Updates und Ideenaustausch.

  4. Schwierige oder komplizierter Unterhaltungen immer sofort per Video- oder Telefongespräch lösen, nicht über den Chat.

Wenn die Kommunikation gut läuft, kann kaum noch etwas schief gehen.

Schaffen Sie die richtigen Rahmenbedingungen für Produktivität im Homeoffice

Vielleicht kennen Sie den Tipp: Konzentrieren Sie sich auf den Prozess, nicht das Resultat. Natürlich besteht das Ziel von Homeoffice-Tätigkeiten darin, mindestens genauso produktiv arbeiten zu können, wie im Büro. Um das zu ermöglichen, müssen ein paar Dinge gegeben sein. Hier unsere Tipps für Remote Worker:

  1. Starten Sie den Tag zu Hause wie einen Tag im Büro – das heißt duschen, richtige Kleidung anziehen und frühstücken. Danach geht es an den Schreibtisch. Besonders hilfreich sind morgendliche Spaziergänge oder Sport, um die Gefahr des “Ich kann das auch einfach vom Bett aus erledigen”-Denkens zu vermeiden.

  2. Beugen Sie Ablenkungen vor – das Internet hat nämlich unendlich viele Köstlichkeiten zu bieten. Apps wie Freedom erlauben es, in bestimmten Zeitfenstern z.B. alle Social Media und Dating-Seiten oder Streaming-Dienste wie Netflix zu sperren.

  3. Machen Sie bewusste Pausen – zugegebenermaßen sollte das genauso für Kollegen im Büro gelten. Aber Pausen bedeuten zu Hause oft: Wäsche falten, Essen kochen, Aufräumen. Setzen Sie sich bewusst Zeiten für Ihre Pausen und trinken Sie auch mal in Ruhe einen Tee, statt die Pausen von der Arbeit am Laptop mit Haushaltsarbeit zu füllen.
    Beispielsweise können Sie auch fertiggepackte Kochboxen zum kochen nutzen, um eine gute Balance zwischen Produktivität und Entspannung zu schaffen.

  4. Nutzen Sie Ihre Freiheit zur Produktivitätsoptimierung – der große Vorteil vom Homeoffice besteht in der Selbstbestimmtheit und Flexibilität. Sie kennen sich selbst am besten und wissen, wann Ihnen welche Aufgaben leicht fallen. Erlauben Sie es sich ruhig, alle Telefonate auf den Nachmittag zu legen und morgens Fokus-Zeiten einzulegen. Das geht zu Hause besser, als sonst irgendwo.

Remote Work – wie wärs mit einem Härtetest?

Zu Beginn der Covid-19 Pandemie machte Google es bereits vor: für eine Woche wurde die komplette Belegschaft angewiesen, von zu Hause aus zu arbeiten. Das Ziel war es dabei auch herauszufinden, ob das Unternehmen für den Ernstfall gewappnet wäre.

Ein ähnliches Konzept verfolgt das Marketing-Unternehmen HubSpot mit seinen teamweiten “Remote Weeks”, in denen ein ganzes Team von zu Hause aus arbeitet. Dabei steigt das Verständnis für andere Remote Worker und Mitarbeiter kommen in den Genuss von mehr Zeit mit der Familie.

Im Rahmen der globalen Maßnahmen zur Eindämmung des Covid-19-Virus sind fast alle Unternehmen gezwungen, ihre Mitarbeiter vom Homeoffice aus arbeiten zu lassen. Neben den offensichtlichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten bringt dieser Härtetest aber vielleicht auch einige Vorteile. Alle lernen viel darüber, was es bedeutet, gemeinsam ein Unternehmen vom heimischen Schreibtisch aus am Laufen zu halten.

Vielleicht holt Deutschland so endlich auf in Sachen Homeoffice und Digitalisierung.

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